ZIRKUS – Tagebuch 05.03.20

Charivari – Ein Zirkus-Tagebuch von Angelika Oelgeklaus, Teil 4 (05.03.2020)

Noch einmal schlafen, dann ist es soweit! Es hat tatsächlich etwas von einer Bescherung, auf die alle seit Tagen warten. Eine freudige Anspannung liegt spürbar in der Luft. Alle sind aufgeregt und etwas nervös. Am Freitagmorgen beginnen die Vorstellungen der Kinder in der Manege. Nun steht die Generalprobe an! Die Schülerinnen und Schüler erobern heute das Zirkuszelt als Darsteller und Zuschauer. Jede und jeder testet ihr und sein Geschick. Die einstudierten Choreografien aller Gruppen werden den Mitschülerinnen und Mitschülern präsentiert. Und was soll man sagen, die Begeisterung schwappt vom ersten Moment an über. Die Kinder feuern sich gegenseitig an, sie applaudieren und erfreuen sich an den Darbietungen der anderen. Es herrscht eine tolle und gelöste Atmosphäre. Alle kennen inzwischen das Lied: „Rollmops und Hering schwammen in der See…“, obwohl es eigentlich den Clowns vorbehalten ist. Der Rollmops ist eben ein echter Ohrwurm!
Nachdem am vergangenen Montag die Kinder auf ihre jeweiligen Gruppen verteilt wurden, wurde fleißig geübt und trainiert. In dieser Woche stehen bekanntermaßen ganz andere Sachen als die üblichen Schulfächer auf dem Stundenplan.
Viele Kinder sind über sich hinausgewachsen und haben Dinge ausprobiert und erlernt, die völlig neu für sie waren. Wie arbeitet ein Zauberer? Wie tritt man in einen Haufen Glasscherben, ohne sich zu verletzen? Wie kann man gleichzeitig in einem Reifen und auf einem Seil laufen? Das Spiel mit den Poi, auch Poi spinning genannt, will nicht nur beherrscht, sondern auch kunstvoll ausgeführt werden, denn schließlich sollen die Flugbahnen der Poi anmutige Lichtmuster in die Dunkelheit malen. Und die Clowns müssen Texte auswendig lernen und ihre Mimik und Gestik gezielt einsetzen. Sie werden zu Schauspielern und Solisten. Sie brauchen Mut und Selbstvertrauen, was man ebenso von den Akrobaten, den Trampolinspringern, und auf jeden Fall von der Person sagen kann, die freiwillig in die Schwerterkiste klettert. Und die Fakire riskieren das Spiel mit dem Feuer! Und nicht zu vergessen: die Trapezkünstler! Sie schweben in der Manege und ihre Welt steht Kopf.
In der Mauritiusschule wird einerseits der Stundenplan im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf gestellt, andererseits müssen die Schülerinnen und Schüler ihr Schulgebäude ganz neu erkunden. Man geht nicht – wie sonst an jedem Morgen üblich – in seinen angestammten Klassenraum. Die Klassenräume werden zu Übungsräumen. Hier die Jongleure und da die Fakire. Manche Kinder müssen sich ganz neu orientieren. Das mag für Schülerinnen und Schüler der vierten Klassen kein Problem sein, aber für die Kinder der ersten Klassen, die gerade erst die Tatzen auf der Zielgeraden zur OGGS verlassen haben, ist das mitunter eine kleine Herausforderung.
Zurück in die Manege: „Allez hepp!“ Alexander und sein Team nehmen letzte Korrekturen und Verbesserungen vor. Janina, Nina und Leonie unterstützen heute den Zirkusdirektor. Sie sichern dort, wo es notwendig ist, geben hilfreiche Tipps und motivieren die jungen Künstlerinnen und Künstler. Ihren Blicken entgeht nichts, und sie verlieren auch nicht den Überblick bei dem ganzen Durcheinander, das scheinbar herrscht.
Sie und auch die Kinder wissen inzwischen ganz genau, wer, wann, wo zu sein hat. Alexander gibt diesbezüglich konkrete Anweisungen. Die Darsteller, die an der Reihe sind, haben sich im sogenannten Sattelraum einzufinden. Das ist der Raum hinter dem Vorhang. Dort macht man sich mit seinen Requisiten bereit und stellt sich in Position. Der Name rührt aus Zeiten, als noch vermehrt Kunstreiter im Zirkus auftraten, denn hier wurden die Pferde gesattelt.
Ein strukturiertes und komponiertes Durcheinander, das sogenannte Charivari, findet sich sogar in einer eigenen Zirkusnummer wieder. Komponenten verschiedener Darbietungen werden hier zusammengefasst und vorgestellt. Es entsteht ein Wirrwarr unterschiedlicher Elemente. Aber das sieht eigentlich nur so aus, letztlich handelt es sich im Zirkus dabei um eine Komposition aus zum Teil entgegengesetzten Bewegungsabläufen. Im Ergebnis entsteht ein buntes, lebhaftes Zirkustreiben, das die Vorfreude auf die jeweiligen Darstellungen weckt.
Der Zirkus ist und bleibt ein Abenteuerland und Sehnsuchtsort. All das ist am Wochenende live und hautnah unter der blauen Zirkuskuppel auf dem Schulhof der Mauritiusschule zu erleben!